Dienstag, 5. Januar 2016

Robert Stigwood verstorben




Gestern starb 81-jährig Robert Stigwood, langjähriger Manager und Mentor der Brüder Gibb und wohl die wichtigste Person in deren Karriere. Der in Adelaide, Australien geborene Stigwood ging in den 50er-Jahren nach England, wo er als Theateragent und später als Musikproduzent mit Produzentenlegende Joe Meek zusammen arbeitete.

1966 gründete er sein eigenes Plattenlabel Reaction Records. Seine erste Veröffentlichung war die Single 'Substitute' von The Who.

Im Dezember erscheinen die ersten beiden Alben auf Reaction: The Whos "A Quick One" und das Debut von Cream "Fresh Cream". Beide Alben erklommen die Top 10 der britischen Charts. Mit diesen Pfunden in der Hinterhand schloss er zum Jahreswechsel 1966/67 einen Distributionsvertrag mit Polydor (UK), dem neugegründeten Ableger der deutschen Polydor, die von Roland Rennie geführt wurde, dem Mann, der die Beatles in den USA etablierte hatte.

Im Januar 1967 unterschrieb Robert Stigwood mit seinem Freund Brian Epstein, Gründer und Inhaber von NEMS Enterprises und seines Zeichens Beatles-Manager, einen Vertrag, mit dem deren beide Firmen fusionieren sollten. Epstein war es offenbar müde sein unaufhaltsam wachsendes Unternehmen länger alleine zu führen. In Stigwood, mit dem ihm eine intensive Freundschaft verband, glaubte er offenbar einen fähigen Partner gefunden zu haben. Doch er hatte die Rechnung ohne seine Mitarbeiter und - vor allem - ohne die Beatles gemacht, die ihm drohten, auf allen zukünftigen Singles 'God Save The Queen' aufzunehmen, falls Stigwood deren Manager werden würde. Robert Stigwood galt als rücksichtslos und mit seinem Benehmen machte er sich stets mehr Feinde als Freunde im Musikgeschäft. Epstein schlug jedoch alle Bedenken in den Wind, blieb aber Manager der Beatles.

Doch schon bald kamen Epstein Zweifel. Stigwoods Art mit Geld umzugehen, missfiel ihm zunehmend. So hatte Stigwood eine Yacht gemietet, um seine jüngsten Schützlinge, die noch völlig unbekannten Bee Gees, zu promoten. Vertrauten Epsteins Zufolge beschloss dieser bald, Stigwood wieder loszuwerden. Doch dazu kam es nicht mehr. Brian Epstein starb völlig überraschend im August 1967.Und als Clive Epstein seinen Bruder bei NEMS ersetzte, verließ Stigwood die Firma im Dezember, um seine eigene,die Robert Stigwood Organisation, zu gründen, nicht ohne seine Acts mitzunehmen.

Im Februar 1967 traf Stigwood erstmals auf die Bee Gees. Deren erstes Vorspielen überzeugte ihn derart, dass Rennie und Stigwood sich auf einen Fünf-Jahres-Vertrag für die junge Band bei Polydor einigten.
Stigwoods Label wurde mit seinem Ausstieg bei NEMS Enterprises aufgelöst und von Polydor übernommen. Drei Alben, zwei von Cream und eines von The Who, eine EP und 18 Singles waren in diesem Jahr bei Reaction erschienen. Nicht viele aber allesamt recht erfolgreiche Veröffentlichungen und somit ein prima Grundstein für das junge Polydor Label.

Mit seinen Firmen promotete Robert Stigwood über die Jahre Musiker wie Mick Jagger oder David Bowie, war als Manager tätig für die Bee Gees, für Cream, Blind Faith, Eric Clapton, Jack Bruce und später Andy Gibb. Und auf seinem 1973 gegründeten Label RSO Records veröffentlichte er nicht nur die Bee Gees, Eric Clapton oder Yvonne Elliman sondern auch Soundtracks zu Filmen wie "Star Wars", "Grease", "Fame" oder "Saturday Night Fever", die er zumeist auch noch von RSO Films produzieren ließ. RSO Records kann zweifellos von sich behaupten, zu einem der erfolgreichsten Labels aller Zeiten zu gehören. Erstaunlich für ein unabhängiges Label, das mit Atlantic und Polygram allerdings auf zwei potente Vertriebspartner in den USA bauen konnte.





Ein weiterer erfolgreicher Zweig seines Unternehmens war die Musicalproduktion. Nachdem Stigwood den Film "Hair" gesehen hatte, brachte er das Musical in London sehr erfolgreich auf die Bühne. Dem folgten, nicht weniger erfolgreich, Produktionen wie "Oh Calcutta!", "Sing A Rude Song" (mit Maurice Gibb), "Sweeney Todd", "John Paul Ringo and Bert", sowie die Lloyd-Webber/Rice-Stücke "Jesus Christ Superstar" und "Evita". Nicht zu vergessen die Musicals seiner eigenen Filme "Grease" und natürlich "Saturday Night Fever". Aber auch Film und Fernsehen waren nicht sicher vor Stigwood. Als Anfang der 70er die Karrieren der Bee Gees ebenso durchhingen, wie die des Eric Clapton, kaufte Stigwood eine TV-Produktionsfirma, die die US-amerikanischen Serien "All In The Family" und "Sanford & Son" entwickelt hatte. 1973 produzierte RSO Films mit "Jesus Christ Superstar" zudem den ersten Kinofilm, der als Basis eine populäre Vorlage aus dem Rockmusikbereich hatte. Es folgte eine hochgelobte Filmversionen von "Tommy", besetzt mit exquisiten Schauspielern und Ken Russell als Regisseur - und natürlich "Saturday Night Fever", der vermarktungstechnisch alles bisher dagewesene in der Film- und Musikindustrie in den Schatten stellte und neue Maßstäbe setzte, die selbst Stigwood anschließend nicht mehr erfüllen konnte.

Stigwood musste immer auch mit Flops leben, doch der Anfang vom Ende der RSO war sicher der Film "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band". Das Spektakel nahmen ihm viele Leute vor allem aus dem Musikgeschäft übel, zumal es damals Stimmen gab, die behaupteten, Stigwood hätte sich mit diesem Machwerk und der Adaption des Beatles-Materials für deren Reaktion auf die Fusion seiner Firma mit NEMS im Jahr 1967 rächen wollen. Jedenfalls war es der Höhepunkt von Stigwoods Größenwahn und Maßlosigkeit.

Die Robert Stigwood Organization stellte 1983 ihren Betrieb ein. Nicht nur der letzten Flops wegen, sondern auch aufgrund von Differenzen mit Künstlern und Mitarbeitern. Stigwood verlor zunehmend das Gespür für das was die Leute sehen und hören wollten. 1980 verlor RSO praktisch alle seine Künstler. Alleine die Bee Gees waren noch unter seiner Obhut. Aber auch diese klagten wegen Unterschlagung gegen ihn, einigten sich jedoch später außergerichtlich.

Stigwood hatte mit seiner Organisation einen Hype geschaffen, der die ganze Musikszene befallen hatte und bei der jeder gerne mitgemacht hatte. Aber als der Hype wie eine riesige Seifenblase platze, ebnete dies einer neuen Industrie den Weg, die in der folgenden Depression ohne Rücksicht, und als würde es kein Morgen geben, Labels aufkaufte und den Markt unter sich aufteilte bis eine handvoll Konzerne übrig blieben. - gerade als eine neue Generation unabhängiger Labels und Produzenten begann, auf dem Musikmarkt Fuß zu fassen.

Robert Stigwood wirkte weiter, tat dies jedoch in den folgenden Jahren eher im Hintergrund. Er lebte zuletzt auf der Isle Of Wight im Süden Englands.