Mit einem Nachdruck der kompletten ersten Ausgabe des deutschen Musik Express vom August 1969 feiert das Magazin, das 14 Jahre zuvor in Holland gegründet wurde, seinen 40. Geburtstag. Coverboy ist, bzw. war kein geringerer als Barry Gibb! Interessant insofern, als im Heft über die Trennung der Bee Gees und Robin Gibb berichtet wird. Warum also nicht Robin Gibb aufs Cover? Oder eben die Rest-Bee-Gees, von denen es im Heft reichlich Bildmaterial gibt? Naja, beantworten muss man diese Frage wohl kaum.
Ich muss zugeben: als ich vorhin mit dem Heft nach Hause kam, habe ich mich beinahe instinktiv auf die Toilette zurückgezogen; dorthin, wo ich mich als Jüngling mit meinen Musikmagazinen immer geflüchtet habe, um sie in Ruhe verschlingen zu können - besonders wenns was über die Bee Gees zu lesen gab. Heute ist die Lektüre des Heftes allerdings im besten Fall als amüsant zu bezeichnen. Mir war gar nicht in Erinnerung, das der ME damals das Bravo-Niveau versuchte zu imitieren. So gibts viele Bilder (einige sogar in Farbe) und kaum Text; und der wirkt doch allzu oft sehr unbeholfen. Liegt vielleicht auch daran, dass der ME bis zu seinem Verkauf 1975 in Holland produziert wurde. (Die Redaktion saß allerdings in Koln.)
So gibt es auch einen Haufen Bilder zum Artikel über die Bee Gees (mit Colin) und Robin. In den deutschen Charts ist gerade 'Tomorrow, Tomorrow' von 0 auf 8 eingestiegen. In den englischen und amerikanischen Top 20 ist nix von den Gibbs zu sehen. Auch kein 'Saved By The Bell', das ja schon im Frühsommer erschienen war und laut Artikel mit der B-Seite 'Alexandria Good Time' erscheinen ist. So ganz auf der Höhe der Zeit, waren die also im August 69 noch nicht - aber damals verbreiteten sich Nachrichten nun mal sehr viel langsamer als heute. Im Artikel wird auch von einer ausgedehnten Tour von Robin Gibb gesprochen (für die im Januar 1970 auch Termine festgesetzt waren), und dass Robin weiter von Robert Stigwood betreut wird. (Wie wir heute wissen ist Robin Gibb einen Vertrag mit Vic Lewis von NEMS eingegangen.)
Eigentlich ein lobenswertes Unterfangen, dieses alte Heft noch einmal zugänglich zu machen (selbst hatten sie das gar nicht im Archiv, sondern mussten es sich von einem Sammler ausleihen, um es kopieren zu können!). Als Bee-Gees-Fan kann man dem ME allerdings kaum verzeihen, dass er die Speerspitze derjenigen in Deutschland war, die sich wie nix Gutes über die Bee Gees hermachten und den ganzen Quark, der dazu aus den Staaten kam, ungeprüft übernahm. Es war in den späten 70ern eben schick, über die Gibbs herzuziehen - und er ME machte munter mit und verkam mit den Jahren zu einem dümmlichen Sprachrohr der Medien- aber auch der Tonträgerindustrie. Heute ist er Teil des Springer Verlags. Wen wunderst?
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